Dänemark verwirrt:
Camilla greift nach dem Titel - Peter Gade griff dagegen daneben
Peter Gade und Camilla Martin im Finale. Die Vorfreude auf einen solchen Endspieltag war
in Dänemark riesig - etwa für fünf Stunden. Dann griff Fung Permadi, Indonesier aus
Taiwan, ins Rad der Ereignisse in der Bröndby-Halle ein und zerstörte den Traum der
dänischen Fangemeinde.
Camilla erfolgreich gegen Chinesen-Armada
Camillas Siegeserie kam zwar nicht gänzlich unerwartet, war aber auch nicht vorhersehbar.
Sie hatte keinen leichen Weg. Aber weder Kim Ji Hyun (Korea), noch Zhang Ning und im
Halbfinale Gong Ruina (beide China) konnten sie aufhalten. Gegen Gong mußte sie lange
kämpfen, erst gegen Ende des zweiten Satzes wurde die Chinesin müder und auch ihre
Nervosität nahm sichtbar zu. Camilla hielt geduldig den Ball im Spiel und erhöhte erst
in der zweiten Hälfte des dritten Satzes den Druck. Endspielgegnerin ist Dai Yun, die
letzte verbliebene der chinesischen Amazonen-Armada. Gegen sie hatte Camilla letzten
Samstag in einem dramatischen Match im Mannschaftsfinale verloren.
Keine Verlängerung für Gade
Peter Gades beeindruckender Weg endete dagegen im Halbfinale. Gegen Permadi war ihm
sichtlich Nervosität anzumerken. Dennoch schien er nach dem ersten Satz das Spiel in den
Griff zu bekommen (11:15 15:1). Doch im dritten gelang es ihm nicht, einen Vorsprung
herauszuarbeiten. Um jeden Punkt wurde hart gerungen. Permadi verlängerte am Ende nicht
und gewann das Pokerspiel (15:14). "Er ist sehr schnell, das ist seine Stärke und es
war immer eine große Gefahr für mich", erklärte er hinterher die Strategie.
"Durch das Nichtverlängern wollte ich ihn mental unter Druck setzen." Es hat
offenbar gewirkt. Der entscheidende Punkt war eine verschlagene Aufschlagannahme von
Gade."
Sun Jun makellos
Gades Finalgegner Sun Jun marschierte konsequent durchs Turnier. Er habe sich bestens
vorgereitet, erklärte er in einem Interview. Das Drama von Glasgow, wo er von Rasmussen
im zweiten Satz des Endspiels noch abgefangen wurde, habe ihn noch härter trainieren
lassen. Weder Indonesiens neue Hoffnung Taufik Hidayat noch Hoyer waren eine echte Gefahr.
Gegen den 17jährigen Indonesier verlor er zwar den ersten Satz, doch das war seiner
späteren Erklärung nach Absicht: "Ich glaube, die Zuschauer meinten, ich wäre
nicht richtig auf dem Feld gewesen, aber ich habe bewußt nicht so viel angegriffen wie
sonst, sondern zunächst versucht, ihn müde zu spielen."
Indonesiens Waterloo
Zu einem wahren Desaster wurde die WM für Indonesien. Kein Einzelspieler und kein Doppel
unter den letzten Vier. Zum ersten Mal seit Einführung der WM im Jahre 1977 blieb eine
indonesische Mannschaft ohne eine Medaille. Selbst die mitfavorisierten beiden starken
Doppel Ricky/Rexy und Wijaya/Gunawan schieden im Viertelfinale aus. Hendrawan mußte gegen
Hoyer passen. Lediglich Cindana hat im Einzel ihr Soll mit dem Achtelfinale erfüllt, mehr
ist von ihr noch nicht zu erwarten. Nicht besser ging es Malaysia. Auch deren Vertreter
sind allesamt frühzeitig ausgeschieden. Eine niederschmetternde Bilanz für Chefcoach
Morten Frost, der mit allerlei Schwierigkeiten zu kämpfen hat. Möglich, daß er die WM
nicht überlebt - amtstechnisch gesehen. Schon nach dem Mannschaftsabstieg aus Gruppe 1
hat er vorsorglich verlauten lassen: "Der Verband muß wissen, was seine Ziele sind:
Neuaufbau oder das Fortführen der derzeitigen Generation mit vagen
Erfolgsaussichten." Cheah Soon Kit etwa, im Glasgow noch Vizeweltmeiter, sprach
gegenüber malaysischen Presseleuten von Rücktritt. "Was macht es noch für einen
Sinn weiterzuspielen, wenn wir so spielen, wie es derzeit läuft.
Archer mit zwei Medaillen
Traurige Nachrichten für alle Kelly-Fans. Gegen Mette Sörensen ließ sich die Walisische
Favoritenterminatorin im zweiten Satz das Match aus der Hand nehmen. "Und auch im
dritten ließ ich sie am Anfang ihr Spiel machen. Dadurch kam ich in einen zu großen
Rückstand. Ich wollte unter die letzten 16 vor der WM - die letzten Acht sind besser. Das
tröstet mich." Sörensen ihrerseits kämpfte zwar tapfer, hatte jedoch gegen Dai Yun
keine Chance. Ein beeindruckendes Bild gab Simon Archer (Uerdingen) ab. Im Mixed spielte
er excellent mit Jo Goode und auch das neue Doppel mit Nathan Robertson harmoniert bereits
ausgezeichnet und gewann Bronze. Joo-Bong Parks Handschrift ist hier spürbar. Seit er vor
zwei Jahren in England als Nationalcoach anfing, haben sich einige Spieler erkennbar
weiterentwickelt. Außerdem konnten Archer/Goode durch ihren diesjährigen
All-England-Sieg ungeheueres Selbstvertrauen gewinnen. Mixed-Finale: Kim Dong-Moon/Ra
Kyung-Min - Simon Archer/Joanne Goode 15:10, 15:13. Im Endspiel reichte es für die
Engländer allerdings nicht ganz. Die Durchschlagskraft der Weltranglistenersten war am
heutigen Tage zu groß. Zwar gelang es am Ende des zweiten Satzes, das Spiel lange offen
zu halten, doch ihren dritten Matchball konnten die Koreaner nutzen. Ein verdienter Sieg,
denn im Halbfinale hatten Kim/Ra die Titelverteidiger Liu Yong/Ge Fei (China)
ausgeschaltet. Bronze außerdem - wie schon in Glasgow - Michael Sögaard/Rikke Olsen.
Freuen wir uns also auf die beiden Einzelfinales. Ich tippe mal auf Fung und Camilla.
Bei den Doppeln sind China und Korea unter sich. Das ist leider für die Zuschauer in
Dänemark nicht so interessant. Aber immerhin ist spektakuläres Badminton zu erwarten.
Kärlig hilsen fra Köbenhavn sender
Martin Knupp